KING KONG AM RHEIN - WIE DER SELBSTHASS DES WESTLICHEN MENSCHEN FIKTION UND WIRTKLICHKEIT PRÄGT
Der Mensch des Westens hasst sich selbst, ihn quält ein
tiefsitzendes Schuldgefühl gegenüber der Dritten Welt, die er kolonisiert, ausgebeutet
und korrumpiert hat, wodurch er selber reich, konsumsüchtig, durch Wohlstand
verweichlicht, also dekadent und verachtenswert geworden ist. Diesen Selbsthass
und das masochistische Strafbedürfnis, das aus ihm fließt, verdrängt er
zumeist, denn die anklagende Stimme des Gewissens, die ätzenden Selbstvorwürfe
schmeicheln dem Selbstwertgefühl nicht, der weiße Mann erträgt sie nicht und
verbannt sie ins Unterbewusstsein, wo sie rumoren und sich andere Wege suchen,
um ihn zur Strafe zu quälen, denn Verdrängtes ist nicht weg. Nur durch solch
ein unbewusstes Motiv, durch dieses verdrängte Schuldgefühl, das ihm aus dem
Unterbewusstsein heraus zusetzt, lassen sich Verhaltensweisen verstehen, die
sonst unerklärlich bleiben. So wurden von britischen Behörden in Rotherham jahrelang
über tausend weiße englische Mädchen Banden von Einwanderern vorwiegend aus
Pakistan zur sexuellen Ausbeutung überlassen. Jugendamt, Polizei und Presse
vertuschten die Übergriffe mit dem Argument, man dürfe Islamfeinden keine
Munition für ihre Hetze liefern. Diese Begründung ist so fadenscheinig, dass
sie nur Ausrede, Rationalisierung sein kann. Das eigentliche Motiv war
verdrängt und wirkte aus dem Unterbewusstsein: Es war das Schuldgefühl des
dekadenten weißen Mannes gegenüber der Dritten Welt, das ihn veranlasste,
Vertretern der Dritten Welt einheimische Mädchen preiszugeben, Menschenopfer,
auf dem Altar der politischen Korrektheit dargebracht, die ihm Erleichterung verschafften, denn sein
aufgebrachtes Gewissen quälte ihn dadurch weniger. Dieses Schuldgefühl, das von
den Einwanderern intuitiv erfasst und oft ausgenutzt wird, erzeugt in den
Metropolen des Westens zwischen den Menschen der Ersten und aus der Dritten
Welt ein Verhältnis, das der französische Soziologe Pascal Bruckner
„Schuldvertrag“ nennt und so beschreibt:
Frankreich
(oder Holland, England, Spanien) zahlt endlich seine Schulden bei Afrika ab,
indem es dessen Söhne und Töchter aufnimmt. Europa schuldet Letzteren alles:
Unterkunft, Gesundheitsversorgung, Erziehung, ordentliche Löhne, prompte
Erledigung ihrer Anliegen und vor allem Respektierung ihrer Identität. Bevor
sie noch einen Fuß auf unseren Boden gesetzt haben, sind sie Gläubiger, die
ihre Schulden einfordern. (1)
Auch Mädchen fordern sie zur Wiedergutmachung ein, und der
Westen entrichtet ihnen diesen Tribut – nicht nur in Rotherham, sondern auch in
der Kölner Silvesternacht 2015/2016, als westliche Mädchen und Frauen für die
jungen Männer aus der Dritten Welt Freiwild waren, weil die Kölner Polizei mit
ihren schwachen Kräften vor Ort sie nicht schützen konnte und die NRW-Polizei
in ihrer Düsseldorfer Zentrale sich nicht dazu durchrang, ausreichende
Verstärkung zu schicken. Kölns Oberbürgermeisterin Reker zeigte fünf Tage nach
den Übergriffen auf einer Pressekonferenz kein Mitgefühl mit ihren
schikanierten Landeskindern, sondern stellte für sie mit Blick auf den
anstehenden Karneval „Verhaltensregeln“ auf, damit sie besser davor „geschützt
werden, dass ihnen solche Dinge widerfahren“. Sie sollen im Karneval „eine Armlänge“
Distanz halten und schön brav in ihrer Gruppe bleiben. Diese Verhaltensregeln
kamen bei den weiblichen Jecken überhaupt nicht gut an. Victim blaming wurde
ihr vorgeworfen, und zwar zu Recht. Liegt es doch an den westlichen Frauen und
ihrem ausgelassenen Karnevalstreiben, wenn es zu Übergriffen kommt, und nicht
an den patriarchalischen islamischen Männern! Nun könnte man Frau Reker in
Schutz nehmen, indem man sagt, sie habe es gut gemeint und es nur ungeschickt
formuliert, so dass der Eindruck des victim blaming fälschlich entstand. Dem
ist entgegenzuhalten: Frau Reker ist eine erfahrene Politikerin, die weiß, wie
Formulierungen ankommen. Zudem ist sie links und als solche äußerst feinfühlig
zum Beispiel bei Genderformulierungen: Spricht jemand vom Kölner Studentenwerk,
statt vom Kölner Studierendenwerk, wittert solch eine moderne linke Politikerin
sofort Diskriminierung der Studentinnen. Und gibt Frau Reker als
Oberbürgermeisterin der Karnevalshochburg Köln ausgerechnet dem ausgelassenen
Karnevalstreiben, also einer Tradition, auf die Köln so stolz ist, die Schuld
an solchen Übergriffen, so ist das nicht einfach ungeschickt, sondern verwandt
mit etwas, das Freud Fehlleistung nennt. Ihre „Verhaltensmaßregeln“ haben eine
unterbewusste Botschaft, einen Subtext: Nicht die islamischen Männer, sondern
die westlichen Mädchen und Frauen sind schuld. Es ist das verdrängte
Schuldgefühl des westlichen Menschen, das aus dem Unterbewusstsein dieser
linken und für Frauenemanzipation kämpfenden Politikerin wirkte und sie zu
victim blaming veranlasste. Dazu passt auch, dass Reker es noch am 5. Januar,
als in Köln die Spatzen schon von den Dächern pfiffen, dass die übergriffigen
Männer in der Silvesternacht „Flüchtlinge“ waren, Vermutungen in diese Richtung
„absolut unzulässig“ genannt hat. Hätte die Oberbürgermeisterin davor das
Gespräch mit Opfern gesucht, wozu sie ja vier Tage Zeit hatte, wäre ihr auf
dieser Pressekonferenz klar gewesen,
woher die Täter kamen. Doch mit Opfern hat sie lieber nicht gesprochen, sie hätte
ja Anteilnahme aufbringen müssen, Anteilnahme, die sie nicht hat. Denn um
Mitgefühl glaubhaft zu zeigen, also wirklich zu empfinden und auszustrahlen,
hätte sie über ihren Schatten springen müssen, über ihren Schatten aus
Selbsthass, den sie auf ihre Landeskinder ausweitet; als empathische
Schirmherrin ihrer Stadt hätte sie nicht überzeugt, da die Aggressoren aus der
Dritten Welt kamen.
Ein typischer Politiker des deutschen Establishments, der seinen Selbsthass auf
seine Landsleute ausdehnt, empfindet natürlich auch keine Wut und keine Trauer,
wenn Deutsche Opfer eines Terroranschlags werden wie zum Beispiel auf dem
weihnachtlichen Breitscheidplatz in Berlin. Trauerbekundungen, die nicht von
Herzen kamen, wurden gleichsam abgenötigt nachgereicht, als das Volk sie
einforderte. Wie anders gedachte die polnische Nation ihres ermordeten
Angehörigen. Nach einem feierlichen Gottesdienst gaben ihm Fahrerkollegen mit einem LKW-Korso das letzte Geleit zum
Friedhof – spontan war das und kam aus den Herzen, denn die Polen sind noch
nicht so verwestlicht und dekadent wie wir und hassen sich selbst noch nicht so
sehr.
Zurück nach Köln! Hätten biodeutsche Skinhead-Horden verhüllte islamische
Mädchen belästigt, wäre die Verstärkung im Nu gekommen, das Innenministerium
hätte einsatzbereite SEKs oder MEKs
hingeschickt und gleich am nächsten Tag hätten Reker und Co. einen Aufstand der
Anständigen ausgerufen, Mahnwachen und Lichterketten organisiert, und ihre Empörung
wäre echt gewesen. Warum durften die Polizisten vor Ort festgenommene arabische
Marodeure nicht provisorisch mit Handschellen an Geländer oder Laternenpfähle
ketten, statt sie wieder auf die Mädchen loszulassen? Gibt es da nicht die
Gefangenen-Sammelstelle in Brühl? Warum wurden Platzverweise so nicht
durchgesetzt? (2). Weil das masochistische Strafbedürfnis des weißen Mannes aus
dem Unterbewusstsein heraus Regie geführt und es so arrangiert hat, denn die
Opfer waren Deutsche.
Der weiße Mann ist unbewusst – und oft auch bewusst – fest davon überzeugt,
dass er in der Schuld der Dritten Welt steht, und hat deshalb ihren
Repräsentanten, den jungen eingewanderten Männern, in der Kölner Silvesternacht
2015/16 seine Mädchen und Frauen preisgegeben. Man kann auch sagen, er hat sie
als Opfer dargebracht und so den Druck seines aufgebrachten Gewissens, das ihn
tief in seiner Seele quält, gelindert. Das Opfer aber, mit dem man Schuld
abbüßt, ist eine religiöse Kategorie, doch trägt Merkels Flüchtlingspolitik nicht
Züge eines irrationalen Flüchtlings-Kults? „Es ist unerträglich, wenn
Asylbewerberheime geschändet werden!“, tönte Merkel schon im Dezember 2014, als
unbewohnte für Asylanten vorgesehene Wohnhäuser in Brand gesteckt wurden.
„Geschändet“ werden Kirchen, Moscheen, Friedhöfe, also Orte und Gebäude, die
sakral sind, Wohnhäuser aber sind profan, oder nicht? Merkels Wortwahl ist kein
Zufall, denn die Aufnahme der Asylanten gleicht einer religiösen Handlung, wozu
passt, dass der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki 2016 ein Flüchtlingsboot
nach Köln holen ließ und als Altar für die Fronleichsnamsmesse auf dem
Roncalliplatz nutzte; in seiner Predigt erklärte er dazu: „Wer Menschen im
Mittelmeer ertrinken lässt, lässt Gott ertrinken“ – in dem Boot befindet sich also
Gott. Das Boot ist ein Altar, also der Schlachttisch Gottes, auf dem ihm seit
uralten Zeiten blutige Opfer dargebracht wurden, Tier- oder Menschenopfer;
dieser archaische Brauch lebt in der katholischen Eucharistie fort: Brot und
Wein stehen für Leib und Blut Christi, der als Opfer dargebracht wird, als Lamm
Gottes, um den Zorn seines Vaters über die Verdorbenheit des
Menschengeschlechts zu beschwichtigen. Dass Woelki dieses katholische
Menschenopfer im Namen des Flüchtlingskults ausgerechnet auf dem Roncalliplatz
zelebrierte, also vor dem Dom, wo kurz vorher in der Silvesternacht 2015/16
hunderte Mädchen und Frauen von den vergöttlichten „Flüchtlingen“ heimgesucht
wurden, ist nicht nur eine Taktlosigkeit, die den Opfern ins Gesicht schlägt,
es hat auch einen unterschwelligen Symbolgehalt: Die schikanierten Mädchen und
Frauen sind Opfer, die dargebracht wurden, so dass Gutmenschen wie Woelki oder
Reker dafür weniger von ihrem aufgebrachten Über-Ich geplagt werden, also in
den Genuss seelischer Erleichterung kommen und sich besser fühlen. Danach ließ
Woelki das Boot im Kölner Dom aufstellen, und zwar an der Stelle, an der in der
Weihnachtszeit die Krippe mit dem neugeborenen Jesus-Kind steht: Offenbar sieht
der Kardinal in den Flüchtlingen Heilsbringer in der Nachfolge Christi, die
„neuen Erlöser des Christentums“ und einen „kollektiven Messias des dekadenten
Europas. Liturgisch bedeutet dies, dass die Katholiken islamische Eindringlinge
als ihre neuen Heilande verehren müssen“ (3).
Nur durch den religiösen Charakter, mit dem die irrationale Willkommenskultur
für Flüchtlinge in Deutschland aufgeladen ist, lässt sich das sonst
befremdliche und unerklärliche Verhalten unseres politisch-medialen Komplexes
und zahlloser anderer Gutmenschen verstehen. Erinnern wir uns an die junge
Freiburgerin, die am 16. Oktober von einem afghanischen Asylbewerber
vergewaltigt und ermordet wurde. Als der
Afghane, der Maria auf dem Gewissen hat, am 3. Dezember festgenommen wurde,
verschwieg dies die Tagesschau. Von der empörten Öffentlichkeit deswegen zur
Rede gestellt, begründeten das die Verantwortlichen der ARD mit dem Argument,
der Fall habe nur regionale Bedeutung, was sich angesichts der massenhaften
sexuellen Übergriffe durch islamische Einwanderer in Köln und anderen deutschen
Städten in der Silvesternacht 2015/16 als plumpe Rationalisierung erweist. Als
Grund für diesen Vertuschungsversuch muss vielmehr ein verdrängtes, aber aus
dem Unterbewusstsein heraus wirkendes
Motiv angenommen werden: das Strafbedürfnis des westlichen Menschen; im
Unterbewusstsein der verantwortlichen Programm-Macher – darunter ein Kai
Gniffke - ist diese Vergewaltigung ein
Akt von reverse colonization, ein Racheakt, der für Gerechtigkeit sorgt: Aus
der Dritten Welt, in die der weiße Mann als Kolonisator mordend und
vergewaltigend eingedrungen ist, um die unberührte Natur und die im Einklang
mit ihr lebenden edlen Wilden auszubeuten und zu schänden, wodurch er reich und
dekadent geworden ist, kommen Invasoren in die imperialistische Metropole und
führen sich auf, wie die Weißen in den Kolonien, sie morden, vergewaltigen,
rauben und terrorisieren – der Spieß wird umgedreht. Den Begriff reverse colonization hat der Anglist
Stephen Arata geprägt, um sogenannte Invasionsliteratur zu charakterisieren.
Zum Beispiel H. G. Wells Krieg der Welten.
Der linke Schriftsteller lässt in seinem dystopischen Roman sein Vaterland
Großbritannien durch Marsmenschen kolonisieren, die eine mörderische Terrorherrschaft errichten,
deren Sinn er dem Leser gleich im ersten Kapitel moralisierend erklärt:
Und bevor
wir sie [die Invasoren vom Mars] zu hart beurteilen, müssen wir uns erinnern,
mit welcher schonungslosen und grausamen Vernichtung unsere eigene Gattung
nicht nur gegen Tiere wie den verschwundenen Bison und den Dodo, sondern gegen
unsere eigenen inferioren Rassen gewütet hat. Die Tasmanier wurden trotz ihrer
Menschenähnlichkeit in einem von europäischen Einwanderern geführten
Vernichtungskrieg binnen fünfzig Jahren völlig ausgerottet. Sind wir solche
Apostel der Gnade, dass wir uns beklagen dürfen, wenn die Marsleute uns in
demselben Geist bekriegen? (4)
Zurück zu Maria! Sie ist ein Menschenopfer, das dem Afghanen
zusteht, weshalb er auch nicht als Täter genannt und so an den Pranger gestellt
werden darf, denn ein sakraler Akt hat stattgehabt und kein Verbrechen – so
haben die Programm-Verantwortlichen der ARD im Rahmen ihrer Möglichkeiten an
diesem Menschenopfer mitgewirkt und fühlen sich besser, weil der Druck ihres
archaischen Schuldgefühls dadurch weniger wird.
So und nur so lässt sich auch das Verhalten des grünen Hamburger Justizsenators
Till Steffen im Anschluss an den Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt erklären.
Er weigerte sich, nach dem tunesischen Mörder auf der Facebook-Seite der
Hamburger Polizei fahnden zu lassen. Seine Begründung, Hasskommentare
verhindern zu wollen, ist eine fadenscheinige Rationalisierung, denn wütende
Kommentare sind nach solch einem Terroranschlag in einer lebendigen Demokratie,
in der Meinungsfreiheit herrscht, normal. Auch hier muss ein unbewusstes Motiv
angenommen werden, das aus einer archaischen Tiefenschicht der Seele heraus
wirkt: Die zwölf Toten sind Menschenopfer, die der Westen der Dritten Welt
schuldet. Der Tunesier ist deshalb ein Opferpriester, der das Rechte getan hat,
oder gar ein Gott, der ein sündiges, verdorbenes Land heimgesucht und sich
Opfer geholt hat, und kein Mörder und deshalb nicht zu beschuldigen;
hasserfüllte Kommentare wären blasphemisch und würden die Sakralität, den
heiligen Charakter der stattgehabten Opferhandlung in Frage stellen und so das
Opfer vielleicht unwirksam machen.
Dieses archaische Schuldgefühl veranlasste auch linke
Gutmenschen in Rotherham, englische Mädchen Männern aus der Dritten Welt als
Sexualobjekte zu überlassen – auch dies war ein Akt von reverse colonization
mit religiöser Bedeutung: Die Verantwortlichen beschwichtigten durch diese
Menschenopfer ihr Schuldgefühl, das ihnen die Ausbeutung und Korrumpierung der
Natur und naturnaher Menschen bereitet. So erklärt sich auch, warum die Kölner
Oberbürgermeisterin Reker noch 4 Tage nach den Silvesterübergriffen verbieten
wollte, „Flüchtlinge“ als Täter zu nennen:
Sie wollte verhindern, dass diejenigen, die die Opfer empfangen haben,
beschimpft, Zielscheibe von Hasskommentaren, ja vielleicht eines Shitstorms
geworden wären, was den sakralen Charakter der Opferhandlung beeinträchtigt und
so das Opfer unwirksam gemacht hätte. Außerdem wollte Reker dadurch verhindern,
dass die Täter strafrechtlich verfolgt werden, also für ihre Übergriffe
bezahlen – dann wäre es ja kein Opfer mehr! Eine entweihte, ja rückgängig
gemachte Opferhandlung aber verlöre ihre
Kraft, diejenigen, vor denen sich die Gutmenschen schuldig fühlen, zu
besänftigen, so dass Menschen wie Reker oder Steffen nicht mehr vom Druck ihres
schlechten Gewissens entlastet würden. Als Beatrix von Storch der Führung der Kölner
Polizei vorwarf, sie versuche mit freundlichen Tweeds in arabischer Sprache
„die barbarischen, muslimischen, gruppenvergewaltigenden Männerhorden zu
besänftigen“, hatte sie den neuralgischen Punkt getroffen, denn die
Polizeioberen reagierten unsouverän und schlugen in Panik zurück: Sie zeigten
die unbequeme Politikerin wegen Volksverhetzung an, obwohl ihnen jeder
Rechtsanwalt geraten hätte, darauf zu verzichten, da ihre Anzeige nicht die
geringste Aussicht auf Erfolg hat.
In der Hoffnung, dass diese zunächst abenteuerlich
anmutende Deutung besser einleuchtet, vergleiche ich die Kölner
Silvesterereignisse mit einem überaus populären Film, in dem es ebenfalls um
ein Menschenopfer geht, das zur Beschwichtigung verdrängter Schuldgefühle
dargebracht wird, mit dem Hollywood-Klassiker King Kong und die weiße Frau.
Dieser Vergleich drängt sich auf, weil Film und Silvesterereignisse markante
Parallelen aufweisen. In beiden kommt es zu einem Kontrollverlust, der zugleich ein clash of civilizations,
eine Machtprobe zwischen westlicher Zivilisation und Dritter Welt ist (5). Der
Riesenaffe, der aus dem Dschungel kommt und in Manhattan marodiert, steht - das
hat die Filmwissenschaft erkannt (6) – für einen Schwarzafrikaner, der von den
Weißen dämonisiert und zur Urwaldbestie herabgewürdigt wird. Es handelt sich
zweifellos um ein rassistisches Klischee: der „Neger“, der unzivilisiert ist
und deshalb den tierischen Vorfahren der Menschheit näher als der weiße Mann
steht. Dieses Klischee ist jedoch auch den Linken nicht fremd. Oben zitieren
wir den linken Schriftsteller H. G. Wells, der vom weißen Mann ausgerottete
Tiere und dezimierte Eingeborene in einem Atemzug nennt. Letztere sind für ihn
edle Wilde, die im Einklang mit der Natur leben und deshalb wie die Bisons und
Dodos Teil der Natur sind, die der weiße Kolonisator korrumpiert, schändet und
zerstört (7). Es ist deshalb kein Widerspruch, dass unsere Gutmenschen und GRÜNEN
Artenschutz und Willkommenskultur für den Nafri und für den Wolf durchsetzen - wenn sie Lämmer oder Mädchen reißen,
dürfen sie das, denn zum Natur- und Flüchtlingskult gehört wie zu jeder
Religion – das Opfer.
Zur Handlung des Films! Der Tierfotograf und Tierfilmer Carl
Denham unternimmt eine Expedition, um aus Geld- und Sensationsgier exotische
Tiere zu fotografieren und zu filmen. Da sich auf solchen Aufnahmen ein
hübsches Mädchen gut macht, nimmt er die junge attraktive Ann Darrow mit, und die
Umstände, unter denen er sie kurz vor der Abfahrt aufgabelt, sind symbolisch:
Durch die Weltwirtschaftskrise hat sie ihre Arbeit verloren, ist mittellos und
hungrig und will an einem Kiosk einen Apfel stehlen, wobei sie der Inhaber
ertappt, festhält und der Polizei übergeben will. Denham rettet sie aus dieser
Situation, indem er dem Verkäufer den Apfel großzügig bezahlt. Dieser Apfel,
den Ann sich nicht leisten kann, steht
für die verbotene Frucht in der alttestamentarischen Erzählung vom Sündenfall:
Ann ist eine moderne Eva – die Symbolik dieser Szene für die spätere Handlung
des Films werden wir noch erklären; fürs erste halten wir fest, dass dieser
Hollywoodfilm tiefere religiöse Symbolik enthält und nicht als oberflächliches
Produkt der Unterhaltungsindustrie abzutun ist.
Denhams Ziel ist eine bis dahin unbekannte Insel der Dritten Welt. Kein Weißer
hat sie bisher betreten, trotzdem hat Denham eine Karte von ihr, die ein
norwegischer Kapitän nach den Angaben eines aufs Meer verschlagenen
Ureinwohners der Insel, der dann gestorben ist, gezeichnet hat. Auf einem
Zipfel der Insel liegt ein Eingeborenendorf, das von dem übrigen größeren Teil
der Insel durch eine Mauer abgetrennt ist. Diese Mauer bietet Schutz vor einem
unheimlichen Wesen namens Kong, das auch King Kong genannt wird, weil die Insel
sein Reich ist – Denham will ihn unbedingt fotografieren oder filmen, und zwar
möglichst mit der hübschen Ann als Blickfang.
Als Landmarke der Insel ist in die Karte der Berg „skull mountain“
eingezeichnet, womit eine weitere religiöse Anspielung gegeben ist, denn sein
Name erinnert an Golgatha, was übersetzt „Schädelstätte“ bedeutet – es handelt
sich um jenen Hügel bei Jerusalem, auf dem Christus gekreuzigt wurde. Sein
Martertod lässt sich als Menschenopfer deuten, um den Zorn Gottes über die
Verdorbenheit des Menschengeschlechts zu beschwichtigen. Wir werden sehen, dass
diese Assoziation gewollt ist, denn auch in dem Film King Kong und die weiße Frau geht es um den Zorn eines Gottes, der
mit Menschenopfern beschwichtigt werden muss – diese Gottheit ist King Kong,
König und Gott der Insel.
Ein Menschenopfer für ihn wird gerade von den Eingeborenen in einem archaischen
Ritual vorbereitet, als Denham mit seinen Männern und Ann die Insel betreten.
Denham erregt den Zorn des Schamanen, weil er die Zeremonie beobachtet und
filmt und dadurch entweiht und unwirksam macht. Dann erregt die blonde Ann
dessen Aufmerksamkeit: Er will sie den weißen Männern abkaufen, weil sie dem
Inselgott sicher besser gefällt als das schwarze Eingeborenenmädchen, das
geopfert werden soll – doch die US-amerikanischen Männer verweigern dies und
ziehen sich mit Ann auf ihr Schiff zurück.
Wenig später entführen die Eingeborenen Ann vom Schiff, binden sie vor der
Mauer auf einem archaischen Altar als Opfer für Kong fest und rufen den
Inselgott herbei. Das blonde Opfer gefällt ihm, es wird ihn nachhaltiger als
schwarze Opfer beschwichtigen, so dass die Eingeborenen länger vor ihm Ruhe
haben.
Die Filmhandlung, in der ein Monster vor einer Mauer, hinter der geschützt
Menschen leben, aufkreuzt, und droht, diese Menschen heimzusuchen, wenn sie es
nicht mit Opfern von Tieren oder Menschen beschwichtigen, ist kein skurriler
Einfall von Schoedsack oder Cooper, den beiden Regisseuren, sondern steht in
einer uralten Tradition.
Bekannt ist die Legende von Sankt Georg, Drachentöter und Schutzpatron
Englands: Nahe der Stadt Silena wohnt in einem See ein giftiger Drache, der
immer wieder bis unter die Mauern der Stadt zieht und alles mit seinem Gifthauch
verpestet (8). Um seinen Grimm zu stillen, werden ihm regelmäßig Schafe
geopfert. Als die Schafe ausgegangen sind, fordert er Söhne und Töchter der
Stadtbewohner als Opfer. Als fast alle Kinder geopfert sind und die Reihe an
die einzige Tochter des Königs kommt, schickt ihr Vater sie zu dem See des
Drachens, doch der Ritter Georg greift ein und tötet das Untier. Das Monster,
das drohend vor der Mauer aufkreuzt, hinter der Menschen geschützt leben
wollen, und durch Opfer beschwichtigt werden muss, ist im Film King Kong, in
der Georgslegende ein Drache. Nachfolger des Drachentöters St. Georg ist Carl
Denham, der Kong besiegt. Der Hollywoodfilm und die Heiligenlegende sind sich von
der Handlung her ähnlich – doch reicht diese Ähnlichkeit auch in die Tiefe? Ist
auch der Grund für den Zorn des Monsters und die Notwendigkeit, es durch
Menschenopfer zu beschwichtigen, in Film und Legende derselbe? Hier hilft uns
die Georgslegende vorerst nicht weiter und wir wenden uns einer anderen
Drachentötersage zu, die wir in der griechischen Mythologie finden:
Als Kadmos und seine Männer Burg und Stadt Theben gründen wollen, bekommen sie
es mit einer gewaltigen Schlange, dem Schutzdämon der Gegend, zu tun. Einige
seiner Gefährten fallen ihrer Wut zum Opfer, er selbst tötet sie. Viel später,
in hohem Alter, ergreift Kadmos wegen der Tötung der Schlange ein intensives
Schuldgefühl, und er bittet die Götter darum, zur Strafe selbst in eine
Schlange verwandelt zu werden, was in Erfüllung geht (9).
Damit wird die Urschuld, die Kadmos auf sich und seine Nachkommen geladen hat,
jedoch nur zum Teil abgebüßt. Noch viel später verlangt Mutter Erde als Rache
für den Tod ihres Kindes, die Schlange, ein Menschenopfer. Als Theben von
Feinden belagert wird, ergeht ein Seherspruch an Kreon, Kadmos‘ Nachfahre und
damaliger Herrscher der Stadt. Er müsse seinen Sohn Menoikeus opfern, sonst
werde die Stadt erobert und blutig heimgesucht werden:
Dort in der
Höhle, wo der erdgeborne Drach‘
Bestellt als Hüter über Dirke’s Quelle war,
Muss er sein Blut der Erde weih’n zum Opfertrank,
Für alten Groll auf Kadmos, welchen Ares hegt,
Der nun den Mord des erdgebornen Drachen rächt.
…
Und wenn die Erde Frucht für Frucht, und Menschenblut
Für Blut empfangen, gnädig wird sie wieder sein (10)
Zwei Gottheiten sind über die Tötung der Schlange aufgebracht
und müssen beschwichtigt werden: Der Kriegsgott Ares, dem die Schlange heilig
war, und Mutter Erde, die sie aus ihrem Schoß geboren hat. Mutter Erde aber
gehört zu Mutter Natur, und es wird klar, wem gegenüber Kadmos und seine Männer
eine solche Schuld auf sich geladen haben, dass sie nur durch Menschenopfer
abgebüßt werden kann. Es ist die Natur, in die die Menschen durch den Bau einer
Burg und einer Stadt, wozu auch Rodungen von Wäldern zur Schaffung von Bau- und
Ackerland gehört, eingegriffen haben. Menoikeus opfert sich selbst vor der
Höhle der Schlange und rettet so die Stadt. Der Jüngling lässt sich als spätes
Bauopfer für die Tat seines Ahnherrn Kadmos, Bau von Burg und Stadt Theben,
charakterisieren. Ein Bauopfer ist „ein über die ganze Erde verbreiteter
Brauch, dass bei Errichtung eines Gebäudes oder Deiches zur Abwehr künftigen
Unheils ein Mensch, oft ein Kind, oder – in abgeschwächter Form – ein Tier
eingemauert oder verschüttet werden musste. … Dem Brauch scheint die
Vorstellung zugrunde zu liegen, dass der Geist des Ortes (genius loci) in dem
Bau einen Eingriff in seinen Machtbereich sah und daher beschwichtigt werden
musste“ (11). Auch die Eingeborenen in King
Kong und die weiße Frau haben durch die Gründung ihres Fischerdorfs und die
Errichtung der Mauer gegen die ungezähmte Natur auf der übrigen Insel das Reich
des Inseldämons geschmälert und dadurch seinen Zorn erregt.
Ein polnischer Kadmos ist der sagenhafte König Krak, der auf einem Hügel namens
Wawel die Stadt Krakau gründen will, die erste Hauptstadt der Polen. Durch
diesen geplanten Eingriff in die Natur erregt er den Zorn des genius loci, des
sogenannten Wawel-Drachens – Smok wawelski – der in einer Höhle im Wawel-Hügel
haust und nur durch Opfer beschwichtigt werden kann:
Es lebte
nämlich in den Windungen einer gewissen Höhle ein Ungeheuer von entsetzlichster
Schrecklichkeit, das – wie einige meinen – einst Holophagus genannt wurde. Der
Gefräßigkeit desselben wurde jede Woche nach Berechnung der Tage eine bestimmte
Anzahl von Rindern geschuldet; hätten diese die Einwohner nicht gleichsam wie
Opfertiere dargebracht, wären sie von dem Ungeheuer an ebenso vielen
menschlichen Häuptern gestraft worden. (12)
Der polnische Geistliche Wincenty Kadlubek, Bischof von
Krakau, aus dessen lateinisch geschriebener Chronik dieses Zitat stammt,
vergleicht die Rinder, mit denen das Untier beschwichtigt wird, mit „Opfertieren
/ victimas“, die die Polen dem genius loci „schuldig sind / debebatur“; werden
diese Opfertiere dem Drachen vorenthalten, werden die Polen „bestraft /
plecterentur“, indem er sich die gleiche Anzahl an Menschen holt – in solchen
Formulierungen aus der Feder eines hochgebildeten Christen schimmert noch eine
Erinnerung an heidnischen Opferkult durch, mit dem die Menschen in ältesten
Zeiten ihr archaisches Gewissen beruhigten, das über ihren Eingriff in
jungfräuliche Natur aufgebracht war. Der König schickt seine beiden Söhne gegen
den Drachen aus, die ihn durch eine List töten.
Noch einige Beispiele aus der antiken Mythologie: Genius loci in Delphi war die
Pythonschlange (13). Als der Gott Apoll sie tötete, unterwarf er sich das
dortige Orakel. Und diese Machtergreifung durch Mord am genius loci betraf
nicht nur das Orakel, sondern auch die fruchtbare Erde – Aischylos überliefert,
dass den Lichtgott Kolonisten begleiteten, die als keleuthopoioi „Wegbahner“ das „ungezähmte/wilde Land“ „zähmten“ (14),
worunter man sich Urbarmachung von unberührtem Urwald, von „Wildnis“ durch
Rodung vorzustellen hat. Auch Apoll und die Kolonisatoren, die durch den
männlichen Gewaltakt gegen die Natur in Delphi und ihren genius loci
profitierten und ihre Macht erweiterten, empfanden Schuld und mussten Sühne
leisten. So berichtet Aelianus in seinen Tiergeschichten
(XI,2) von einem Apoll geweihten Hain in Epirus, in welchem Schlangen lebten,
die als Nachkommen des getöteten Delphischen Python galten. Ihnen bringt eine jungfräuliche
Priesterin Futter als Opfer. Nehmen sie diese „Besänftigungsgaben“ an, bedeutet
es ein gutes, fruchtbares Jahr für die Menschen, wenn nicht, ist es ein
unheilvolles Zeichen. So beschwichtigten die Epiroten das archaische
Schuldgefühl, das aus Unterwerfung und Ausbeutung der Natur fließt. Von der
Blutschuld, die wegen der Ermordung Pythons auf Apoll lastete, spricht auch
Pausanias (15).
Oft besteht das Stück Natur, das eine Schlange als genius
loci bewacht, in einem einzelnen Baum. Ein Beispiel ist der Wunderbaum im
Garten der Hesperiden in Afrika, an dem die goldenen Äpfel wachsen. Er ist Hera
heilig, denn Mutter Erde ließ ihn für die Göttin als Geschenk zu ihrer
Vermählung mit Zeus wachsen. Herakles fährt zu Schiff nach Afrika und raubt die
Äpfel, nachdem er den genius loci getötet hat (16). Das Goldene Vließ hing an
einem Baum im Haine zu Kolchis, der dem Ares heilig war. Sein Raub gehört zur
Argonautensage: Iason fährt nach Kolchis, um das Vließ zu rauben; die Schlange,
die es bewachte, schläferte Medea mit Drogen ein (17). Solch eine Baumschlange
ist laut Boetticher „mithin der Ortsdämon, der Genius loci“, da „das
Baumheiligtum nicht beraubt werden kann, ohne dass sein Schlangenhüter erst besiegt
und vernichtet wird“ (18). Die imperialistischen Abenteurer Iason und Herakles,
die sich auf Raubfahrt in ferne Länder aufmachen, sind antike Drachentöter wie
St. Georg und Kraks Söhne, und Carl Denham ist ihr moderner Nachfolger.
Zu den Baumschlangen gehört natürlich auch die Schlange am Baum der Erkenntnis
im biblischen Paradies, doch ist der Archetypus des genius loci, der einen Baum
bewacht, hier christlich verformt. Adam und Eva dürfen von allen Bäumen Früchte
essen, nur nicht vom Baum des Lebens und vom Baum der Erkenntnis – soweit
entspricht die biblische Erzählung naturreligiöser Frömmigkeit, die dem
Menschen erlaubt, sich von der Natur zu ernähren, aber nicht, Raubbau an ihr zu
treiben. Der Baum der Erkenntnis ist ein heiliger Baum, der wie zum Beispiel
die moriai, die heiligen Ölbäume der Athener, tabu ist. Aufgabe der Schlange
ist es eigentlich, die Menschen vom Ausbeuten auch dieses Baumes abzuschrecken,
doch sie tut das Gegenteil, sie lädt ihn zum Pflücken seiner Früchte auch noch
ein. Die Ursünde des Raubbaus an der Natur wird also der Schlange angelastet,
die deshalb „verstoßen“ und zusammen mit der Mutter Erde, deren Tier sie ist,
„verflucht“ wird (19). Warum tritt die Schlange im Christentum nicht als
wehrhafter Aspekt der Natur auf, warum wurde der Archetypus verfälscht? Damit
man ihr die Ursünde anlasten konnte, weil sie einladend wirkte. Es erinnert an
die beliebte Rechtfertigung angeklagter Vergewaltiger, die behaupten, ihr Opfer
habe sie durch leichte Kleidung zu ihrer Tat eingeladen; ihre Früchte sollte
die Natur am besten immer vor menschlicher Gier in Laub verbergen oder mit
Stacheln oder Dorngestrüpp beschützen. Das Christentum wertet das Weibliche und
die Natur nicht nur ab, es macht sie auch zum Sündenbock!
An die Schlange im Paradies, die Adam und Eva dazu verführt, sich an der verbotenen
Frucht zu vergreifen, und die sich als genius loci, wenn auch christlich
verfälscht, deuten lässt, erinnert auch, wie schon erwähnt, eine Szene am
Anfang des Films King Kong und die weiße
Frau:
Dass die in der Great Depression arbeitslose und hungrige Ann Darrow an einem
Verkaufsstand einen Apfel stiehlt, hat die Filmwissenschaft als Anspielung auf
die alttestamentarische Erzählung vom Sündenfall erkannt (20). In der Tat ist
dieser Apfel für die hungrige Ann, die kein Geld hat, um ihn zu bezahlen, eine
verlockende aber verbotene Frucht. Sie gleicht also Eva. Und welche Rolle
spielt Carl Denham, der dem Verkäufer den Apfel bezahlt und damit verhindert,
dass dieser die Polizei ruft? Er sorgt dafür, dass Ann ungestraft und ihr
Übergriff erfolgreich bleibt, dass sie den Apfel behalten kann – er agiert als
ihr Komplize, als Adam. Den Sündenfall haben wir ökologisch als ausbeuterischen
Übergriff des Menschen auf die Natur gedeutet, und diese Deutung trifft auch
auf diese Filmszene zu. Carl Denham und Ann Darrow sind Adam und Eva, und die
Szene mit dem Apfeldiebstahl nimmt symbolisch vorweg, was Denham mit Ann
vorhat: Er will mit ihr in vom Menschen unberührte „paradiesische“ Natur
eindringen und sich an ihr vergehen, indem er sie fotografiert und filmt, was
der Auftakt für ihre Kolonisierung und systematische Ausbeutung durch den
Menschen sein wird. Und die Rolle des weiblichen Stars, die Ann in der
filmischen Entdeckung und Erkundung der Insel durch Denham, also beim Auftakt
zur Zerstörung eines unberührten Naturparadieses spielen soll, schmeichelt
dieser modernen Eva durchaus. Für die Ursünde der Ausbeutung der Natur soll Eva
Darrow bestraft werden, was Adam Denham verhindert, indem er den genius loci
besticht. Die Apfel-Szene in Manhattan ist also ein Vorspiel zu den Ereignissen
auf Skull Island – der Büdcheninhaber, der Ann Darrow beim Stehlen der
verbotenen Frucht auf frischer Tat ertappt, festhält und nach der Polizei ruft,
damit sie bestraft wird, nimmt King Kongs Rolle als genius loci vorweg. Doch
wird er dieser Rolle auch gerecht? Man
sollte es meinen, denn im Gegensatz zur Schlange im alttestamentarischen
Paradies lädt er die Übeltäterin nicht zum Übergriff ein, sondern verhindert
ihn. Allerdings lässt er sich von Denham beschwichtigen, der ihm das Geld für
den Apfel gibt; die Frucht des Paradieses ist käuflich, dürfte die symbolische
Botschaft dieser Szene sein, die die materialistische Mentalität des US-Amerikaners
Denham demonstriert, für den alles machbar und erreichbar ist. Erst King Kong,
der den ersten Akt der Kolonisierung seiner Insel für viele der dabei
mitwirkenden Eindringlinge tödlich enden lässt und für Ann zum Albtraum macht,
erweist sich als unbestechlicher, unverfälschter genius loci.
Männer wie Apoll, Kadmos oder Kraks Söhne, die eine gefährliche Bestie töten,
um ungehindert ein Stück unberührte Natur urbar machen zu können, nennt man
Kulturheros. Ihr Nachfolger ist Carl Denham, ein moderner Kulturheros, denn was
er vorhat, in den unberührten Teil der Insel einzudringen, um exotische Tiere
zu knipsen, zu filmen oder gar zu fangen, ist Auftakt für mehr: Er wird dadurch
in der imperialistischen Metropole Neugier auf diese Insel erregen, so dass sie
bald von US-amerikanischen Handels-, Kriegs- und Touristenschiffen angesteuert
werden dürfte. Ein letztes von der westlichen Zivilisation noch unverdorbenes
Eiland der Dritten Welt wird dann kolonisiert, die exotischen Tiere ausgerottet
oder gefangen und in Zoos präsentiert und der Urwald gerodet werden, um Platz
für Straßen und Flugplätze, Kaffee- oder Bananenplantagen, Anlagen mit
Luxushotels und Golfplätzen zu machen, auf denen die Eingeborenen als Arbeiter
schuften; ihren Frauen und Töchtern steht Vergewaltigung und sexuelle
Ausbeutung bevor.
Dass King Kong, den Denham nach New York bringt und dort zur
Schau stellt, seine Fesseln sprengt und in der imperialistischen Metropole
Angst und Schrecken verbreitet, ist reverse colonization, Strafe für die
Kolonisierung der Dritten Welt. In Manhattan lassen die Hollywood-Regisseure
Schoedsack und Cooper einen Riesenaffen marodieren und sich sein blondes Opfer
zurückholen, in Köln lässt die NRW-Polizei zu, dass ein arabischer Mob
marodiert und sich stundenlang deutsche Mädchen und Frauen als Opfer greift –
in beiden Fällen hat das verdrängte Schuldgefühl des weißen Mannes aus dem
Unterbewusstsein heraus Regie geführt, sein masochistisches Strafbedürfnis
prägt Fiktion und Wirklichkeit. Aber: Im Gegensatz zu Schoedsack und Cooper haben
die Verantwortlichen, die in Köln und Rotherham die Übergriffe auf weiße
Mädchen und Frauen zuließen, ihr Gewissen wieder auf ausbeuterische Weise
erleichtert: auf Kosten der Opfer, die sie den Männern aus der Dritten Welt als
Sexualobjekte preisgaben.
1) Pascal
Bruckner: Der Schuldkomplex. Vom Nutzen
und Nachteil der Geschichte für Europa. Aus dem Französischen vom Michael
Bayer. 2008, S. 140
2) Aus dem
Polizeiprotokoll: „Platzverweise wurden meist mit Zwang durchgesetzt.
Betreffende Personen tauchten immer wieder auf und machten sich einen Spaß aus
der Situation. Ein Gewahrsam kam in dieser Lage aufgrund der Kapazitätsgrenze
in der Dienststelle nicht in Betracht.“
3) Michael Ley:
Die neuen Götter des Abendlandes. In:
Nationalmasochismus (herausgegeben
von Michael Ley und Marin Lichtmesz) Verlag Antaios 2018, S. 26
4) Übersetzung:
G. A. Crüwell und Claudia Schmölders (Diogenes Verlag)
5) Weshalb auch
die Titelbilder des Focus und der Süddeutschen Zeitung zum Thema
Silvesternacht angemessen sind. Sie betonen beide, dass weiße Frauen durch
Männer mit dunkler Hautfarbe angegriffen wurden, was ja der Realität entsprach.
Die Rassismus-Vorwürfe gegen diese Titelbilder sollen die Wahrheit unterdrücken
und die Vertuschungskultur stützen.
6) Vgl. Fatimah Tobing Rony: The Third Eye. Race, Cinema, and Ethnographic Spectacle, S. 157-191
7) Ein Tier,
das für einen Einwanderer aus der Dritten Welt steht, ist auch der Paddington
Bär, beliebter Held in der Kinderbuchreihe von Michael Bond und in der
Verfilmung von 2014. Aus Gutmenschenperspektive wird erzählt, wie ein knuddeliger
Bär als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling (MUFL) aus dem Urwald des
„darkest Peru“ in die Metropole London kommt, wo er von der weißen Familie
Brown aufgenommen wird. Sein Status als Tier markiert ihn als den von der westlichen
Zivilisation unverbildeten Anderen. Repräsentantin der bösen imperialistischen
Weißen ist Millicent, die den Paddington Bär ausstopfen und in ihrem
Naturkundemuseum ausstellen, also zum Objekt der Neugierde machen und
erniedrigen will wie King Kong, der von Denham in New York zur Schau gestellt wird – dessen Schicksal
erinnert an das von Ota Benga, der in derselben Stadt zur Schau gestellt wurde,
und zwar im Affenhaus; seine Rasse wurde als nicht „high in the human scale“
eingestuft (aus dem Artikel Bushman
Shares a Cage with Bronx Park Apes in The New York Times vom 9. Sept.
1906).
9) Ovid: Metamorphosen
IV, 563-603; Hyginus: Fabulae 6
10) Euripides:
Phönikierinnen 938ff.
11) Brockhaus
Enzyklopädie Band 2 (1967), S. 400
12) Magistri Vincentii Chronica Polonorum / Die Chronik der Polen des Magisters Vincentius. Übersetzt, eingeleitet
und herausgegeben von Eduard Mühle. S. 99
13) So lässt
sich Euripides: Iphigenie im Taurerlande
1248 deuten.
14) Aischylos:
Eumeniden 12ff.
15) Pausanias: Beschreibung Griechenlands 2,7,7 und
10,7,2
16) Bibliothek des Apollodor 2, 113 und 121
17) Bibliothek des Apollodor 1, 131
18) Zur
Baumschlange als genius loci ausführlich Carl Boetticher: Der Baumkultus der Hellenen. 1856,
Kapitel XIV.: Schlangen als Hüter
des heiligen Baumes
19) Vgl. 1 Moses
3,14-15: „Da sprach Gott der Herr zu der Schlange: Weil du das getan hast,
seist du verflucht, verstoßen aus allem Vieh und allen Tieren auf dem Felde.
Auf deinem Bauche sollst du kriechen und Erde fressen dein Leben lang.“ Und 1
Moses 3,17: „Verflucht sei der Acker um deinetwillen“ – Mit „Acker“ ist bei Luther
übersetzt: ge „Erde“ (Septuaginta),
bzw. terra (Vulgata); verflucht wird
die vorchristliche Gottheit Mutter Erde.
20) Fatimah Tobing Rony (The Third Eye. Race, Cinema, and Ethnographic Spectacle. 1996, S. 171) sagt über Ann: the heroine-to-be is an Eve who has already
fallen“; die Filmwissenschaftlerin sieht Ann, die ein Gesetz übertritt, als
Kriminelle dargestellt und spricht von ihrem „implied criminal status“. Ronys
Interpretation von Ann Darrow als sündige Eva zielt jedoch in eine andere Richtung.
Als verführerische Frau stehe sie wie primitive Eingeborene, Immigranten,
Schwule oder Kriminelle für aus damaliger Sicht inferiores Menschentum, das eine „source of
disorder“ (S. 171) sei und vom weißen Mann gezähmt und kontrolliert werden
müsse.
Juan A. Roche Cárcel (The Cry of
King Kong. Crisis and Male Fear of the other, of the Woman. In:
International Journal of Humanities and Social Science Vol. 3, No. 11, Juni
2013) interpretiert ähnlich wie Rony Ann Darrows versuchten Apfeldiebstahl als
Empörung gegen die Macht der Männerwelt, die durch den Inhaber des
Verkaufsstandes repräsentiert werde: „In short, she has just violated a social
norm; she has sinned once again - it is
her nature – and, without the authorisation of a male (the shop owner in this
case), she has taken and touched the fleshy and mouth-watering fruit – a sexual
symbol since Antiquity” (S. 280).
Ronys und Roche Cárcels
feministisch gefärbten Interpretationen halten wir entgegen, dass in dieser
ersten King-Kong-Version Ann Darrow gerne bereit ist, die Rolle, die ihr Denham
zuweist, zu spielen.
Auch Joseph E. Sanders (O’Brien and
Monsters from the Id, in: The Scope
of the Fantastic) fühlt sich durch den Film an Adam und den Sündenfall
erinnert, so dass Skull Island für das vom Menschen bedrohte Paradies steht,
auch wenn er nicht Denham mit Adam vergleicht, sondern Kong, der sich von Ann
Darrow als Verkörperung menschlicher Schönheit verführen lässt: „… Kong
must have seemed far more like Adam than like Christ. Kong had dominated his
primal world, but he had been tempted by beauty, he had fallen, he had been
cast out, and he had come to New York in chains and in desolation” (S. 215).