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Prof. Dr. Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer, hat in seiner Rede auf dem 113. Deutschen Ärztetag den Mut zu unpopulären Wahrheiten gefunden, aber auch seine Ansicht zur Sterbehilfe, die ich nicht teile, wiederholt: 95 % derjenigen, die Sterbehilfe verlangen, würden an einer Depression leiden. So argumentieren Lebensschützer gerne: Ist ein hoffnungslos Dahinsiechender seines Lebens müde, sei eine Depression Ursache seines Todeswunsches. Aber anders als Schwermut, Melancholie oder Weltschmerz bezeichnet der Begriff Depression, besonders im Munde eines Mediziners, eine behandelbare psychische Störung. Was auch für Fachbegriffe wie Phobie oder Schuldgefühl gilt.  Wer sein Leben nicht mehr als lebenswert empfindet, wird zum Kranken erklärt. Dass sein Lebensüberdruss begründet sein könnte, kommt erst gar nicht in Frage. So gleicht er jemandem, der panische Angst vor Katzen hat oder zwanghaft jedem Bettler einen Obolus gibt, um damit ein Schuldgefühl zu lindern, das ihn quält. Sie alle sind doch gestört: Katzen sind ungefährlich, Schuldgefühle neurotisch, und Todeswünsche bei Menschen, die doch Ebenbild des unsterblichen Gottes sind, nur krankhaft. Oft stimmt es ja: Enkes Leben war doch nicht wertlos geworden und wegzuwerfen, weil es zum Weltklasse-Torwart nicht mehr reichte und weil sein Kind starb. Aber oft ist es nicht so eindeutig. Islamophobie zum Beispiel. Angst und Feindschaft gegenüber dem Islam als behandelbare Neurose oder gar korrekturbedürftiger Charakterfehler – ja , das gibt es: Der katholische Hinterwäldler, der in den 50er Jahren seine Schwester unter Druck setzte, weil sie einen Protestanten heiraten wollte, schon immer gegen „Kanaken“ stänkerte und Ausländern in seinem Dorf das Leben schwer machte, ist schlauer geworden: heute in seinem Pflegeheim klagt er über Zwangsheiraten und Ehrenmorde und wird nicht als Fossil abgetan, sondern darf sich des Einverständnisses vieler Jüngerer gewiss sein. Aber die Feministin, die auf die islamischen Patriarchen allergisch reagiert, ein Jude wie Ralph Giordano, dem der islamische Antisemitismus Angst macht – sind das Therapiebedürftige, sollten sie in sich gehen und an sich arbeiten? Und der Mensch, der Bettlern reichlich gibt, so dass sich sein Gewissen für eine Zeit lang beruhigt – ist er neurotisch oder könnte es etwas mit wirklicher Schuld gegenüber anderen Menschen zu tun haben, mit Urschuld gar, an die nicht nur Christen unter Berufung auf die Verführung Adams und Evas durch die Schlange glauben, sondern auch säkulare Grüne, die überzeugt sind, dass der Mensch die Natur ausbeutet und vergiftet? Und wenn jemand in den USA eine sündhaft teure Krebsbehandlung ablehnt, die seinen Tod um einige Wochen hinauszögern würde, weil dafür sein Haus draufginge, das seine Kinder erben, oder wenn jemand in Deutschland solch eine Behandlung ablehnt, weil sein Gewissen, sein Stolz ihm nicht erlaubt, eine Last zu sein, spricht man dann von Schuld oder Schuldgefühlen? Sicher sind es oft Schuldgefühle, zum Beispiel suggeriert von Verwandten, die scharf auf das Erbe sind. Oder krankhaft wuchernder Stolz wie bei Enke. Aber nicht immer. Überlassen wir doch dem Patienten die Entscheidung, lassen wir ihm wenigstens seine Mündigkeit! Geben wir ihm das Gift nach einem längeren Zeitraum, wenn wir sicher sein können, dass sein Todeswunsch reiflich ist und nicht aus einer depressiven Anwandlung kommt. Wer Sterbehilfe verlangt, weil er sein eigenes Leben nicht mehr für lebenswert hält, also an unserem menschlichen Stolz kratzt, weil er dagegen verstößt, menschliches Leben als immerwährend und uneingeschränkt gottesebenbildlich und heilig einzuschätzen und zu behandeln, bekommt von Lebensschützern wie Hoppe allzu leicht die Diagnose Depression verpasst, wird zum seelisch Kranken erklärt – wir kennen es aus der Sowjetunion: Wer Stalin oder das System kritisierte, also die Heiligkeit des gottähnlichen Führers oder die Überlegenheit des Sowjetmenschen in Frage stellte, konnte für geisteskrank erklärt werden und im Irrenhaus landen. Ich verlange von den Gutmenschen, zwischen berechtigter Lebensmüdigkeit und Depression ebenso zu unterscheiden wie zwischen Angst und Phobie, Schuld und Schuldgefühl. Tun wir doch nicht, als stünden wir souverän darüber, als könnte uns nichts davon anfechten, weil das alles nur therapierbare Krankheiten sind! Nicht jeder, der sterben will, vor etwas Angst hat oder sich schuldig fühlt, ist gestört. 

Mai 2010

   
 
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